Der etwas andere Unterricht in der Jugendhilfe
Freitagmorgen 6 Uhr, der Wecker klingelt. Noch ein paar Minuten schlummern, dann schnell frisch machen und ab aufs Rad zum Marburger Bahnhof. In der Bahn beim ersten Kaffee wach werden, nochmal den Plan für den Unterrichtstag im Kopf durchgehen und die Aussicht ins hessische Hinterland genießen. In Treysa angekommen, wieder ab aufs Rad, auf dem Rotkäppchen-Radweg dann wirklich wach werden und gegen halb 9 in Leimbach eintrudeln. Zumindest bei gutem Wetter sah so meine morgendliche Leimbach-Routine aus. Von Dezember 2019 bis Juli 2021 hatte ich die Möglichkeit, neben meinem Studium als Deutschlehrer in der Jugendhilfe Leimbach zu unterrichten, mal einmal im Monat, mal wöchentlich.
Der Schultag startete stets mit den Nachrichten vom Vorabend. Danach war es immer etwas spannend, wie der weitere Vormittag verlaufen würde. Wie sind Stimmung, Motivation und die Gruppendynamik wohl heute? So ist es das eine oder andere Mal vorgekommen, dass ich spontan umdisponieren musste, weil Sätze fielen wie:
„Boah Deutsch heute? Ne, gar kein Bock. Ich mach lieber Mathe!“
Manchmal war es aber auch umgekehrt. Schon als ich zur Tür hereingekommen war, schallte mir ein sehr motiviertes „Morgen Max, ich mach heute Deutsch“ entgegen. Super, alles klar, dann mal los!
Den Großteil der Zeit habe ich eine Gruppe von Jugendlichen auf die Nichtschülerprüfungen in Deutsch vorbereitet: Inhaltsangaben, Stellungnahmen, kreatives Schreiben, aber auch spielerisches Lernen standen auf der Tagesordnung. Mal ist dabei meine Planung aufgegangen, mal nicht. Was auf jeden Fall stets nötig war: eine große Portion Spontanität, Flexibilität und etwas Kreativität. Jeder Schultag in Leimbach war anders und gerade das hat die Arbeit so erfrischend gemacht: Wie sind die Jungs heute drauf? Wer kann heute mit wem oder gibt es vielleicht auch brodelnde Konflikte? Wer benötigt etwas mehr Unterstützung und wer will noch mehr Arbeitsblätter?
Gerade in der Prüfungsvorbereitung war es spannend, dabei zuzuschauen, wie die Jugendlichen im Laufe der Zeit reifer wurden und über sich hinauswuchsen. Trotz ihrer besonderen schulischen Biographien und persönlichen Geschichten ließen sie sich auf ihre individuelle Art und Weise motivieren. Dabei habe ich die Jungs als aufgeweckte, offene und oft sehr witzige Truppe kennengelernt. Danke für die vielen lustigen, aber auch ernsten Momente, eure ehrliche und herzliche Art! Ich hoffe, ihr konntet was mitnehmen! Ich für meinen Teil bin sehr dankbar, dass ich so viele prägende Erfahrungen bei euch sammeln durfte. Außerdem ziehe ich meinen Hut vor euch und bin ein kleines bisschen stolz, was ihr in Leimbach für eine persönliche Entwicklung durchlebt. Ich glaube, dass jeder Einzelne von euch seinen ganz individuellen Weg finden wird und Leimbach als Nährboden hierfür dient. Macht euer Ding und vergesst nicht, wofür sich die Mühen lohnen!
Zum Schluss noch ein paar weitere Dankesworte: Danke an Barbara, dass du mich damals gefragt hast, ob ich nicht Lust hätte, dich zu vertreten und mir das Unterrichten ermöglicht hast. Danke an Veronika für das ständige Abholen und Bringen von und nach Treysa bei Regenwetter. Und zu guter Letzt danke auch an die Jugendhilfe Leimbach und die Fleckenbühler für das entgegengebrachte Vertrauen! Ich finde, ihr macht tolle und gesellschaftlich höchst relevante Arbeit!
Ich wünsche allen nur das Beste für die Zukunft, macht’s gut und auf Wiedersehen!
Max Wallenwein